Telenotarzt Niederrhein: : Vertragsunterzeichnung der Kommunen in Krefeld

Trägergemeinschaft geht den nächsten Schritt

Wer in eine Notsituation gerät, möchte schnellstmöglich die bestmögliche Hilfe bekommen. Doch nicht immer kann gewährleistet werden, dass mit dem Rettungsdienst auch sofort ein Notarzt zur Stelle ist. Das neue System „Telenotarzt Niederrhein“, das in Kooperation von Gesundheitsministerium, Ärztekammern, Krankenkassenvertretern und kommunalen Spitzenverbänden auf den Weg gebracht wurde, soll diese Situation künftig verbessern.

Jetzt kam die Trägergemeinschaft „Telenotarzt Niederrhein“ im Krefelder Rathaus zusammen, um die öffentlich-rechtliche Rahmenvereinbarung für das Projekt zu unterzeichnen. In feierlichem Rahmen schlossen die Oberbürgermeister Frank Meyer, Sören Link (Duisburg) und Felix Heinrichs (Mönchengladbach), die Landräte Christoph Gerwers (Kreis Kleve) und Dr. Andreas Coenen (Kreis Viersen) sowie Dr. Lars Rentmeister (Verwaltungsvorstand Kreis Wesel) die Vereinbarung feierlich ab. 

„Das System Telenotarzt ist ein gutes Beispiel, wie technische Innovationen in den Kommunen einen unmittelbaren Unterschied im Leben der Menschen machen können: Ich bin überzeugt, dass dieses System die Versorgung im Notfall weiter verbessern und Leben retten wird“, erklärt Oberbürgermeister Frank Meyer. „Dieses Projekt wird nur durch enge interkommunale Zusammenarbeit möglich. Es wäre kaum zu leisten, wenn eine Stadt allein ein solches System aufbauen wollte – aber gemeinsam kriegen wir das hin. Dank unserer hochmodernen und bestens ausgerüsteten Feuerwache konnten wir die Zentrale für alle sechs Städte und Landkreise hier in Krefeld ansiedeln.“

Die Stadt Krefeld ist Kernträgerin des Projektes, da die dortige Klinikinfrastruktur gute Möglichkeiten zur Personalgewinnung eröffnet und die 2016 in Betrieb genommene integrierte Leistelle technisch und räumlich beste Voraussetzungen für eine Telenotarzt-Zentrale bietet. Damit liegen neben dem Standortbetrieb unter anderem auch die Projektkoordination, Abrechnung und Dienstplanung, Verhandlungen mit den Kostenträgern, die Koordination von Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zum Telenotarzt Niederrhein, Aus- und Fortbildung von Telenotärzten sowie Personalgewinnung und -verwaltung bei der Stadt Krefeld.Vorangetrieben wird das Projekt gemeinschaftlich von allen Mitgliedern der Trägergemeinschaft. Hierzu sind eine Steuerungsgruppe und 3 Arbeitsgruppen (Medizin, Technik und Verwaltung) eingerichtet. 

Kleves Landrat Christoph Gerwers sagt: „Der Telenotarzt ergänzt das gut funktionierende System des Rettungsdienstes und kann die Notfallversorgung im Einsatzfall durch die Nutzung modernster Technik weiter verbessern.“

Mit der zukünftigen Einrichtung der Telenotarztzentrale in Krefeld ist ein entscheidender Schritt hin zu einer rund um die Uhr gewährleisteten medizinischen Unterstützung für über zwei Millionen Einwohner getan. Dies bedeutet nicht nur eine flächendeckende und kontinuierliche Verfügbarkeit von ärztlicher Expertise, sondern auch eine deutliche Entlastung der physischen Notärzte und eine verbesserte Reaktionsfähigkeit im gesamten Versorgungsgebiet.

Wie funktioniert das Telenotarztsystem?

Mit dem Telenotarztsystem kann der Rettungsdienst am Einsatzort einen erfahrenen Notarzt digital konsultieren. Unterschieden wird zwischen drei Einsatzspektren:

Bei „Primäreinsätzen“ alarmiert das Rettungsdienstpersonal an der Einsatzstelle vor Ort den Telenotarzt in der Zentrale. Dieser kann via Telekommunikation und mithilfe von Echtzeit-Vitaldatenübertragung, Sprach- und ggf. Sichtkontakt bei der Versorgung des Patienten unterstützen. Bei diesem Einsatzspektrum geht es vor allem um die Absicherung der Diagnostik sowie die Initiierung bzw. Begleitung von Therapiemaßnahmen (z. B. Medikamentengaben). 

Bei „unterstützenden und überbrückenden Einsätzen“ gibt es verschiedene denkbare Einsatzmöglichkeiten des Telenotarztes. Für den Fall, dass das Rettungsdienstpersonal an der Einsatzstelle feststellt, dass zur weiteren Behandlung des Patienten die handwerklichen Fähigkeiten eines physischen Notarztes benötigt werden und dieser nicht direkt von der Leitstelle mitalarmiert worden ist, kann der Telenotarzt die Zeit bis zum Eintreffend es physischen Notarztes überbrücken. Zudem kann er die Notärzte vor Ort, beispielsweise mit einer Zweitmeinung, unterstützen.

Das dritte Einsatzspektrum betrifft das „Verlegungsmanagement“. Wenn ein Krankenhaus ein Rettungsmittel für die Verlegung eines Patienten in ein anderes Krankenhaus bei der Leitstelle anfordert, ist dem anfordernden Klinikpersonal die personelle und materielle Ausstattung der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge – Notarzteinsatzfahrzeug, Rettungswagen und Krankentransportwagen – häufig nicht ausreichend bekannt. So werden oft höherwertigere Fahrzeuge für einen Transport disponiert als tatsächlich notwendig wären. Das Telenotarztsystem sieht vor, dass bei Verlegungsanforderungen an die Leitstelle ein strukturiert-standardisiertes Gespräch zwischen Telenotarzt und Klinikarzt erfolgen kann, um die Wahl des geforderten Rettungsmittels zu prüfen.

Wer kann als Telenotarzt arbeiten?

Den Zustand kranker oder verletzter Menschen aus der Ferne zu beurteilen und Einsatzkräften vor Ort in akuten Notfallsituationen ein verlässlicher und besonnener Begleiter zu sein, stellt hohe Ansprüche an Telenotärzte. Die Bezeichnung unterliegt deshalb strengen Vorgaben des Curriculums Telenotarzt der Bundesärztekammer (BÄK). 

Voraussetzungen für die Tätigkeit als Telenotarzt sind die Anerkennung als Facharzt sowie die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin, mindestens zwei Jahre regelmäßige und andauernde Tätigkeit als Notarzt mit wenigstens 500 eigenständig absolvierten Notarzteinsätzen und Erfahrung in der eigenverantwortlichen Führung von Personen. Darauf aufbauend kann die Qualifikation zum Telenotarzt im Rahmen eines speziellen Lehrgangs erworben werden. 

Wie geht es nun weiter?

Zunächst kann jetzt die technische Ausstattung festgelegt und angeschafft werden, gleichzeitig beginnt die gezielte Personalgewinnung und Dienstplanung der Telenotärztinnen und Telenotärzte. Nach Aufbau der Telenotarztzentrale kann dann das Telenotarztsystem in den Probebetrieb gehen. Das bedeutet, dass die neue Zentrale testweise in einem begrenzten zeitlichen Umfang besetzt ist. Dabei sollen etwaige Schwierigkeiten vorab unter Realbedingungen identifiziert und behoben werden. Läuft alles einwandfrei, geht die Telenotarzt-Bereitschaft nach und nach zu erweiterten Betriebszeiten und schließlich in den 24/7-Vollbetrieb über. Die Einbeziehung weiterer Leitstellen der Trägergemeinschaft in das System wird vor dem Hintergrund einer Redundanz und möglichst kurzer Wege für die Telenotärzte zum Arbeitsplatz weiterhin von der Steuerungsgruppe diskutiert.